Obwohl Murmansk nur etwa 200 km von Kirkenes entfernt liegt, ist es doch so fern wie die Antarktis auf der anderen Seite des Globus. Ohne Visum darf man nicht nach Russland einreisen und bisher hatte ich nie den Antrieb gefunden, mich so aufwändig auf eine Städtereise vorzubereiten. Erst als zwei Freunde von mir für Februar ihren Besuch bei mir ankündigten und mit der Idee kamen, einen Kurztrip nach Murmansk zu machen, konnte ich mich dazu durchringen und die Visumanträge ausfüllen.

Um zwei Uhr nachmittags fuhr der Bus vom Scandic Hotel in Kirkenes ab und bereits eine viertel Stunde später waren wir an der Grenze. Passkontrolle! Danach geht die Fahrt weiter nach Murmansk und obwohl es gerade mal zweihundert Kilometer bis Murmansk sind, kommen wir aufgrund der Zeitverschiebung erst um neun Uhr abends dort an. Russland ist Norwegen um zwei Stunden voraus.

Am nächsten Morgen sind wir mit dem Taxi zum Alyosha-Monument gefahren. Der Himmel ist wolkenverhangen und alles wirkt grau in grau. Auch das Denkmal ist grau. Grau und düster ist auch unsere Stimmung, wenn wir daran denken, wie viele Menschen im Zweiten Weltkrieg ihr Leben lassen mussten. Der Soldat des Denkmals blickt nach Westen, in die Richtung, in der die schwersten Kämpfe mit den Deutschen stattfanden.

Zurück in die Stadt sind wir zu Fuß gegangen und kamen dabei an vielen Wohnblocks vorbei: Farblos, grau oder beige und die letzte Renovierung liegt schon Jahrzehnte zurück. Alte russische Autos sind allerdings eine Seltenheit geworden. Dieses kleine rote Juwel war eines der wenigen Exemplare, welches ich während meines zweitägigen Besuches in Murmansk zu sehen bekam.

Auf halbem Weg kommen wir an einem zugefrorenen See vorbei, auf dem einige Leute gemächlich ihre Trainingsrunden auf Skiern laufen. Selbst vom Ufer aus kann man das Alyosha-Monument noch gut erkennen, rechts daneben liegt das Ozeaneum am Ufer des Sees. Ganz vorsichtig kommt jetzt auch die Sonne durch und lässt die grauen Hochhäuser fast wie goldfarbene Blöcke erscheinen.

Die Wolken haben sich endgültig verzogen als wir wieder im Zentrum der Stadt ankommen und vom obersten Stockwerk des Hotels Azimut kann man einen guten Überblick über Murmansk gewinnen. Um wie viel heiterer die Stadt doch wirkt im Sonnenschein und mit blauem Himmel! Murmansk ist eine junge Stadt, gerade mal 100 Jahre alt. Gegründet wurde sie während des Ersten Weltkrieges. Russland brauchte einen auch im Winter eisfreien Hafen für die Versorgungsschiffe aus Großbritannien, Frankreich und USA, welche Russland mit Waffen und Munition belieferten.

Am Spätnachmittag machen wir noch einen kurzen Streifzug durch die Stadt und kommen auch zum Bahnhof. Endlos lange Güterzüge stehen hier, vollbeladen mit Kohle.

Nach einem langen Tag auf den Beinen ist der Magen leer und möchte gefüllt werden. Und es ist gar nicht so einfach, sich für nur eines der vielen leckeren Gerichte zu entscheiden.

Am nächsten Tag steht der Eisbrecher „Lenin“ auf unserer Liste der zu besuchenden Sehenswürdigkeiten. Obwohl wir anfangs einem Wegweiser zur Lenin folgen, kommen wir doch irgendwie vom Weg ab und landen im Industriehafen. Wir fragen einen Hafenarbeiter nach dem Weg, und obwohl wir weder Russisch sprechen noch er Englisch versteht, finden wir doch heraus, wohin wir müssen. Eine viertel Stunde später stehen wir vor der Lenin. Es ist noch früh am morgen, -20 Grad Celsius und der aufsteigende Dampf von der warmen See sowie die blassen Farben des Morgenhimmels passen zu der Vorstellung, einen Eisbrecher zu besichtigen.

Die Lenin war der erste atombetriebene Eisbrecher. Sie wurde Ende 1959 in Betrieb genommen und war dreißig Jahre lang im Einsatz. Als ihre Außenhülle durch den Eisabrieb zu dünn geworden war, wurde das Schiff 1989 außer Betrieb genommen. Seit 2009 ist die Lenin ein Museums-Schiff. Will man die Lenin besichtigen, muss man sich einer der geführten Touren anschliessen. Leider gab es nur Führungen in Russisch, sodass wir nichts verstanden haben.

Der Rest des Tages ist für Stadtbummel und Shopping eingeplant. Es gibt hier größere Shoppingcenter als ich dies von Nord-Norwegen gewohnt bin. Mc Donalds, H&M, ein Jack Wolfskin Store … Läden mit typisch russischen Sachen sind kaum zu finden.

Am nächsten Morgen werden wir bereits um sieben Uhr vor unserem Hotel von dem Bus abgeholt, der uns zurück nach Kirkenes bringen soll. Und bereits um neun Uhr sind wir dank der Zeitverschiebung wieder zurück in Norwegen.

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