Von Tromsø nach Kirkenes

Wie entschleunige ich mein Leben? Fragt man das Internet, so findet man zahlreiche Tipps, wie man seinen Alltag entstressen kann: Meditation, Achtsamkeit und Entspannungsübungen stehen dabei hoch im Kurs. Doch wenn es darum geht von A nach B zu gelangen, wählen die meisten doch das schnellste Fortbewegungsmittel. Sich seinem Ziel langsam zu nähern und somit seinem Geist die Möglichkeit zu geben, mit der sich verändernden Landschaft Schritt zu halten, ist für mich jedoch die schönste Art, dem hektischen Alltagsleben einen Gegenpol zu setzen. Für die Heimfahrt von Tromsø nach Kirkenes nehme ich daher diesmal das Schiff, um die Langsamkeit des Reisens zu genießen.

Das Einchecken an Bord geht schnell und unkompliziert. Keine lange Warteschlange und kein Sicherheitscheck, an dem ich Schuhe und Gürtel ausziehen muss nur um sie dann zwei Minuten später wieder anziehen zu können. Auch muss ich mein Gepäck, welches ich heute Morgen im Hotel sorgfältig und ordentlich gepackt habe nicht auspacken und auf verschiedene Plastikkästen verteilen, nur um es dann nach dem Scannen wieder einpacken zu können während ich gleichzeitig die Schuhe und den Gürtel anziehe und mehrere Leute hinter mir genervt darauf warten, dass ich endlich fertig werde.

Die Kabinen auf dem Deck sind an den beiden Außenseiten in langen Gängen angeordnet. In dem einem Gang befinden sich die Kabinen mit den geraden Zahlen, in dem anderen diejenigen mit den ungeraden Zahlen. Soweit kann ich der Logik noch folgen, auch wenn es etwas ungewöhnlich ist. Dass sich die Kabinen mit den ungeraden Zahlen von 385 bis 399 auf dem Gang der Kabinen mit den geraden Zahlen befinden, ist allerdings etwas verwirrend und deshalb dauert es etwas, bis ich meine Kabine mit der Nummer 389 gefunden habe.

Um halb sieben Uhr abends legt die MS Finnmarken ab, langsam verlassen wir Tromsø und die Reise nordwärts Richtung nach Hause beginnt.

In Ruhe richte ich mich in meiner Kabine ein und gehe dann zum Abendessen. Da ich alleine reise und nicht allzu viele weitere Gäste auf dem Schiff sind, bekomme ich einen eigenen Tisch und da ich gerade keine Gesprächspartner habe, belausche ich die Unterhaltungen der anderen. „Der Stuhl knarzt“, beschwert sich ein älterer deutscher Herr, „der Fisch war zu kalt“ und „der Grünkohl im Salat ist aber seltsam“, sind die Klagen zwei weiterer Mitreisenden. Auch ohne Gesprächspartner habe ich einen unterhaltsamen Abend.

Den restlichen Abend verbringe ich damit, etwas am Computer zu arbeiten und wenn die Konzentration nachlässt, dann schaue ich einfach aus dem Fenster und beobachte, wie die Landschaft vorbeizieht.

Um viertel nach Fünf am nächsten Morgen halten wir in Hammerfest. So früh sind die Straßen noch menschenleer und die Stadt wirkt verlassen.

Aber auch auf der MS Finnmarken schlafen noch alle, was allerdings den Vorteil hat, dass ich in Ruhe auf dem Schiff fotografieren kann ohne störende Menschen im Bild zu haben.

Am späten Vormittag legen wir in Honningsvåg an. Es ist kalt und regnerisch, nicht gerade ein einladendes Wetter für eine Erkundungstour. Von daher passt es mir ganz gut, dass ich mich hier mit einem ehemaligen Arbeitskollegen treffe und wir über die guten alten Zeiten reden.

Auch als wir Honningsvåg verlassen, hat sich das Wetter noch nicht gebessert. Mit einer warmen Tasse Kaffee und einem Stück Schokoladenkuchen versuche ich bei der Abfahrt dem schlechten Wetter entgegenzutrotzen.

Den Rest des regnerischen Nachmittages widme ich meinem Wohlbefinden und der Entspannung. Und nichts ist dafür besser geeignet als auf Deck im warmen Blubberbad zu sitzen und zu beobachten, wie die Landschaft an einem vorbeizieht. Dabei fällt mir auf, wie wenig Schnee es hier oben im Norden hat im Vergleich zu Tromsø.

Am frühen Abend legen wir in Mehamn an. Für einen Landgang ist der Aufenthalt zu kurz, also bleibt mir nichts Anderes übrig, als die Stadt von Bord aus durch den Sucher meiner Kamera zu erkunden. Die grün-weiße Kirche sticht mir dabei besonders ins Auge.

Auf einer Schiffsreise scheint die Zeit langsamer zu laufen, zumindest empfinde ich das so. Auch diesen Abend scheine ich unendlich viel Zeit zu haben, um zu lesen, etwas am Computer zu arbeiten und mich der Betrachtung der Landschaft zu widmen.

Gegen zehn Uhr abends legen wir in Berlevåg an, welches sich auf der Nordseite der Varanger-Halbinsel befindet. In der kommenden Nacht werden wir um die Varanger-Halbinsel herumfahren und wenn die MS Finnmarken morgen Früh zur Frühstückszeit in Vadsø anlegt, bin ich fast schon zu Hause.

Ich fühle mich wunderbar entspannt, als ich am letzten Morgen an Bord der MS Finnmarken aufwache. Die Wolken am Himmel sind nicht mehr ganz so grau wie in den Tagen zuvor und durch einige blaue Lücken kommt die Sonne hervor. Ich frühstücke während wir in Vadsø liegen und packe anschließend meine Sachen. Die letzte Stunde der Reise verbringe ich an Deck. Ruhig gleitet das Schiff in den Bøkfjord und nähert sich Kirkenes. Vereinzelt scheint die Sonne durch die Wolkendecke und das Wasser spiegelt sich in den Fenstern des Schiffes. Erholt und entspannt komme ich in Kirkenes an.


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